Wartung Zeiss Standard

Grob- und Feintrieb sind über ein Planetengetriebe realisiert, dessen Prinzip im folgenden Bild verdeutlicht wird.

Planetengetriebe mit festem Steg – commons.wikimedia.org

Beim Tischtrieb des hier gezeigten Standards (Bj. 1969) wirkt der Grobtrieb über ein Zahnrad direkt auf eine Zahnstange, dabei ist zur Verhinderung von Schlupf zusätzlich noch eine Druckfeder eingebaut.
Der gesamte Verfahrweg des Tisches ist über den Grobtrieb mit sieben Umdrehungen erreicht, die jeweiligen Begrenzungen werden über eine Anordnung von einzeln mit einem Anschlag versehenen Unterlegscheiben sicher gestellt.
Der Feintrieb wirkt über eine dünne Achse auf drei relativ große Stahlkugeln, die ihre Bewegung kraftschlüssig auf einen innerwärts konisch ausgeführten und mit der Grobtriebachse per Klemmung verbundenen Zylinder übertragen. Durch die hierbei beteiligten unterschiedlichen Durchmesser wird die für den Feintrieb notwendige Untersetzung erreicht.
Das beschriebene System hat den Vorteil, dass außer eines Zahnrades und einer Zahnstange die gesamte restliche Bewegung ausschließlich über Reibungskräfte erfolgt. Der Feintrieb ist über den kompletten Bewegungsbereich des Tisches einsetzbar und lediglich durch die Anschläge des Grobtriebes begrenzt.
Der Nachteil des beschriebenen Systems liegt darin, dass die verwendeten Schmierstoffe mit den Jahren altern können und der Feintrieb in diesem Fall dazu neigen kann, im ungünstigsten Fall keine oder nur unzureichende Drehimpulse auf die Stahlkugeln zu übertragen. Dies führt zu ungleichförmigen Tischbewegungen, die bei längerer Mikroskopie-Arbeit sehr lästig werden können.

In der Folge werden die notwendigen Arbeitsschritte für eine Wartung des Standard-Tischtriebes vorgestellt. Auf eine komplette Zerlegung des Mikroskops, inklusive Demontage des Fußes sowie der zentralen Einheit aus Zahnrad und Zahnstange für den Tischtrieb, wird an dieser Stelle verzichtet, da es zumeist ausreicht, die Kraftübertragung zwischen Feintriebachse, Planetenkugeln und Grobtrieb wieder sicher zu stellen.

Anmerkung: Die Angaben ‚links‘ und ‚rechts‘ verstehen sich im folgenden Text von der Beleuchtungsseite des Mikroskops aus betrachtet.

Bild 1:
Demontage des rechten Feintriebknopfes. Es ist zu beachten, dass hier oftmals zwei Gewindestifte im Spiel sind, der erste (obere) als Sicherung, der zweite (untere) für die Klemmung. Die jeweiligen Enden der Feintriebachse weisen eine plane Ausfräsung auf, so dass die Klemmschrauben genügend Halt finden.

Bild 2:
Demontage der Kontermutter mit Schlüssel SW14. Die Kontermutter kann sehr fest angezogen sein, es ist für das Gegenhalten des Grobtriebrades die Benutzung eines Arbeitshandschuhs zu empfehlen.

Bild 3
Links: Das abgenommene Grobtriebrad legt die über ein Gewinde verstellbare Abdeckung des Kugelkäfigs frei.
Rechts: Zur Demontage muss ein Gewindestift gelockert werden. Ein vollständiges Heraussschrauben ist nicht notwendig.

Bild 4
Links: Die Abdeckung ist abgeschraubt, der mehrfach geschlitzte Rand des Übertragungszylinders ist zu sehen.
Rechts: Der innen konisch ausgeformte Übertragungszylinder ist herausgezogen. Zwei der drei Stahlkugeln sind hinter einer Menge an altem korrodierten Fett zu erkennen.

Bild 5
(gezeigt ist nun der linke Fein-/Grobtriebknopf)
L: Nach Abnahme des Übertragungszylinders auf der rechten Seite lässt sich die Feintriebachse leicht aus ihrem Lager ziehen.
R: Die Kontermutter wird entfernt, das zu Bild 2 Gesagte gilt auch hier.

Bild 6
L: Unter dem linken Grobtriebknopf befindet sich ein Hohlzylinder aus Stahl, der die Grobtriebachse sowie die für die obere und untere Anschlagbegrenzung des Tischweges verantwortlichen Anschlagringe aufnimmt.
R: Es sind insgesamt neun Ringe, von denen der letzte mit seinen innenliegenden Zähnen in entsprechende Ausnehmungen der Grobtriebachse greift. Alle übrigen Ringe sind frei beweglich.
Ein Anschlag am Ende des Zylinders begrenzt die Drehbewegung des ersten (im Bild rechten) Ringes auf ca. 280 Grad, alle übrigen Ringe folgen dann nach und auf diese Weise wird ein Maximum von sieben Umdrehungen des Grobtriebes erreicht.

Reinigung und Neufettung

Die alten Schmierstoffe werden im Benzinbad oder mit in Benzin getränkten Ohrreingungsstäbchen entfernt.
Für die Kugeln im Planetengetriebe und für die Feintriebachse empfiehlt sich die Verwendung eines zähen Haftöles (z.B. Zeiss Nr. 148), für alle übrigen Oberflächen kann ein Nadellagerfett eingesetzt werden.

Rückbau

Begonnen wird auf der (von der Beleuchtungsseite aus gesehen) linken Seite.
Zunächst wird der Tisch um ca. 2 mm durch Drehbewegung der Grobtriebachse mit Daumen und Zeigefinger an den äusseren Gewinden für die Grobtriebknöpfe so weit angehoben, dass sich ein Zahnstocher zwischen die Senkrechtführung des Tisches und die Oberseite des Mikroskopfußes schieben lässt.

Bild 7:
L: Die gereinigten und dünn neu gefetteten Anschlagbegrenzungsscheiben sind auf der Feintriebachse aufgefädelt und haften in ihrer korrekten Anordnung aneinander. Der letzte, gezahnte Ring ganz links wird später aufgesetzt.
R: Der Zahnstocher (Pfeil) hält den Tischtrieb in korrektem Abstand vom Mikroskopfuß. Die Begrenzungsringe sind auf die Grobtriebachse geschoben und mittels eines weiteren Zahnstochers zum Anschlag „Unten“ positioniert.

Bild 8:
L: Die innen gezahnte Anschlagscheibe ist eingesetzt und greift in die entsprechenden Ausnehmungen der Grobtriebachse. Der als Hilfsmittel verwendete Zahnstocher zwischen Tischtrieb und der Oberseite vom Mikroskop-Fuß kann nun entfernt werden.
R: Das linke Grobtriebrad ist montiert, die Kontermutter fest angezogen.

Bild 9:
L: Vor dem Einsetzen der (dünn mit Haftöl bestrichenen) Feintriebachse ist darauf zu achten, dass der Kunststoff-Federring (Pfeil) nicht vergessen wird. Er spielt später als ‚Nachlaufbremse‘ eine wichtige Rolle. Ein gleicher Ring befindet sich auch unter dem Feintriebrad auf der rechten Seite.
R: Blick auf das gereinigte und von altem Fett befreite Planetengetriebe auf der rechten Seite.
Die Kugeln sind mit frischem Haftöl versehen.

Bild 10:
L: Einsetzen des Übertragungszylinders. Dessen Innenflächen sind dünn und vollflächig mit Haftöl beschichtet, seine Außenflächen mit frischem Nadellagerfett.
R: Aufschrauben der Abdeckung des Planetengetriebes, welche gleichzeitig zur Einstellung des Kraftschlusses zwischen Feintriebachse, Kugeln und dem Kegelzylinder dient.
Der gekennzeichnete Gewindestift ‚1‘ ist für die Klemmung der Abdeckung zuständig, der Gewindestift ‚2‘ dient später als Anschlag.

Bild 11:
L: Der Gewindestift ‚2‘ ist so weit einzuschrauben, dass er frei über die flachen Schrauben ‚3‘ (es gibt zwei Stück davon) laufen kann.
R: Der Anschlag für den Gewindestift ‚2‘ wird durch die mit höherem Kopf versehene Schraube ‚4‘ gebildet. Mit dieser Vorrichtung wird eine zu enge Verstellung des Kugelkäfigs und damit eine zu starke Belastung der Feintriebachse verhindert.

Bild 12:
L: Hier wird die Auswirkung einer zu gering eingestellten Vorspannung des Kugelhauses demonstriert.
Das Gewicht des Tisches/Tischtriebes und die Kraft der Druckfeder lassen die Grobtriebachse rotieren, und die Kugeln übertragen die Bewegung mit hoher Übersetzung auf die Feintriebachse.
R: Korrekte Einstellung des Kugelhauses. Der Tisch bleibt in jeder Position stehen, der Feintrieb dreht nicht nach. Der Gewindestift ‚1‘ kann nun moderat festgezogen, und der (im Bild nicht gekennzeichnete) Gewindestift ‚2‘ in die korrekte Position gebracht werden, wie bereits in Bild 11 dargestellt.

Bild 13:
L: Rückmontage des rechten Grobtriebknopfes und dessen Kontermutter.
R: Sollte im Laufe der Zeit der Feintrieb nicht mehr einwandfrei stehen, kann durch eine vorhandene Bohrung im Grobtriebrad mit einem passenden Dorn oder einem Schraubendreher die Abdeckung des Kugelhauses im Uhrzeigersinn verdreht und damit der Kraftschluss zwischen den Kugeln und der Feintriebachse in gewissem Maß erhöht werden.
Ein ‚Überdrehen‘ ist wegen des bereits in Bild 11 gezeigten Anschlages ausgeschlossen.